Briefwechsel der Brüder Grimm

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Briefwechsel mit Johann Martin Lappenberg, Friedrich Lisch und Georg Waitz
Kritische Ausgabe - Band 8

Briefwechsel der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm mit Johann Martin Lappenberg, Friedrich Lisch und Georg Waitz, im Anschluss an Wilhelm Braun und Ludwig Denecke hrsg. von Berthold Friemel, Vinzenz Hoppe, Philip Kraut, Holger Ehrhardt und Roman A. Barton. 2022. (835 S., 86,00 €; Bestellmöglichkeit)

Der 2022 fertiggestellte Band erschließt die briefliche Kommunikation der Brüder Grimm mit drei der bedeutendsten deutschen Historiker ihrer Zeit. Dass die Brüder Grimm ebenso intensiv in die Arbeitskreise der Historiker eingebunden waren wie in die der damals entstehenden Germanistik, ist vor der Publikation dieser drei Briefwechsel nicht bekannt gewesen. Unbekannt war auch, dass Jacob Grimm nach den Erfahrungen des Frankfurter Parlaments 1848 / 49 und der Repression in den 1850er Jahren zu der Überzeugung gelangte, dass Deutschland eines revolutionär-demokratischen Umsturzes bedürfte, um sich wie andere europäische Nationen weiterentwickeln zu können.

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Lappenberg, Lisch und Waitz.
(Abbildungen aus dem Band.)

Johann Martin Lappenberg (1794—1865) war vier Jahrzehnte Archivar der Hansestadt Hamburg und als solcher auch Senatsmitglied. Als Historiker spezialisierte er sich auf die angelsächsische Geschichte und auf die Hanse. Friedrich Lisch (1801—1883) gehört zu den Gründungspersönlichkeiten der modernen Archäologie und gilt als Altmeister der mecklenburgischen Geschichtsschreibung. Im Hauptberuf war Lisch großherzoglich-mecklenburgischer Staatsarchivar. Georg Waitz (1813—1886) arbeitete nahezu sein gesamtes Leben auf dem Gebiet der mittelalterlichen deutschen Geschichte, speziell für die Sammlung und Edition mittelalterlicher deutscher Geschichtsquellen in den „Monumenta Germaniae historica“ und für die Erforschung der mittelalterlichen deutschen Verfassungsgeschichte.

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Anfang eines Gutachtens Jacob Grimms für die Göttinger Akademie.
(Archiv der Akademie der Wissenschaften zu Glöttingen; Photo: Berthold Friemel.)

Höhepunkte der Korrespondenz Jacob Grimms mit Lappenberg sind ihre wechselseitigen Erkundigungen, Auskünfte und ausgetauschten Hypothesen über angelsächsische Sprache und Geschichte, waren sie doch beide jeweils für diese Sprache und Geschichte führende Experten ihrer Zeit. Der Briefwechsel mit Lisch ist geprägt davon, dass die Brüder Grimm umfassend an seinen Forschungen zur mecklenburgischen Geschichte Anteil nahmen und ihn sprachwissenschaftlich und mediävistisch berieten. Die Integration der Brüder Grimm in die Arbeitskreise der Historiker erstreckte sich auch bis in deren Gesellschaften, Institutionen und Gremien, wie sie z. B. Jacob Grimms Mitarbeit in der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften oder in der Kommission für die Wedekind-Preise der Göttinger Akademie der Wissenschaften bezeugen. Aus letztgenannten Tätigkeiten enthält der Band aufschlussreiche gutachtliche Äußerungen J. Grimms, Lappenbergs und Waitz’, die als Beilagen zum Briefwechsel gehören..

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Brief Jacob Grimms an Waitz von 1858 mit Befürwortung eines revolutionären Umsturzes..
(Abbildung aus dem Band.)

Das spezielle politische Vertrauensverhältnis zwischen Jacob Grimm und Georg Waitz ging in die letzten 1830er Jahre zurück, als Waitz nach seinem Studium Mitarbeiter der Monumenta Germaniae historica in Hannover wurde. Von dort aus nahm er den wissenschaftlichen Briefwechsel mit Grimm auf und lernte die Familie Grimm auf dem Weg zu seiner ersten großen Archivreise nach Frankreich bald auch persönlich kennen. Er erlebte auf diese Weise persönlich mit, wie der neue König Ernst August die Verfassung des Königreichs Hannover aufhob, wie Göttinger Professoren ihren Protest dagegen vorbereiteten und welche Auswirkungen die Verfassungsaufhebung und der Protest im Land hatten. Die Einleitung zum Briefwechsel zwischen Grimm und Waitz macht hierzu erstmals die einschlägigen Tagebuchaufzeichnungen zugänglich.

Waitz wurde, soweit es die Tagebücher erkennen lassen, durch diese Erfahrungen im Königreich Hannover politisch sensibilisiert und geprägt. Den hannoverschen Erfahrungen gesellten sich später ähnliche an seinem neuen Wirkungsort Kiel, wo er Professor für Geschichte war. Als politische Persönlichkeit wurde er 1848 Gesandter der provisorischen Regierung Schleswig-Holsteins in Berlin und wie Jacob Grimm Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung. Waitz hatte auch wesentlichen Anteil an der von der Nationalversammlung beschlossenen, aber nicht voll wirksam gewordenen deutschen Verfassung. Jacob Grimm verließ die Nationalversammlung schon im Herbst 1848, als sich zeigte, dass ihr die Machtmittel zur Umsetzung ihrer Beschlüsse fehlten. Im Lauf des nächsten Jahrzehnts wandte er sich von der Monarchie ab und sprach sich schließlich in einem privaten Brief an Waitz für einen diplomatisch-revolutionären Umsturz aus. Die Nationalversammlung von 1848 / 49 hatte überwiegend — und auch mit Jacob Grimms Stimme — noch versucht, mit den in Deutschland regierenden Dynastien zu kooperieren. Sie hatte, nach einer bekannten und zutreffenden Formel, bei ihren Reform- und Demokratisierungsbestrebungen vor den Thronen haltgemacht. Dazu war Jacob Grimm zehn Jahre später nicht mehr bereit, sondern hielt revolutionäre Gewalt gegen die Monarchie für den einzigen Ausweg. Diese sehr konkrete und fundamentale Wandlung seiner poltischen Position wird im vorliegenden Band anhand der Korrespondenz mit Waitz erstmals eindeutig bewiesen.

... mehr zu den politischen Aspekten des Briefwechsels zwischen Grimm und Waitz

... Auszüge aus Waitz‘ Tagebüchern zum hannoverschen Verfassungskonflikt 1837 / 38

Briefwechsel der Brüder Grimm, Band 7

Auszüge

Auszüge aus dem Band 1.1

... Brief Jacob Grimms an Lappenberg über den Brand Hamburgs 1842

... Brief Jacob Grimms mit der Befürwortung eines gewaltsamen revolutionären Umsturzes 1858

... mehr über Jacob Grimms Entwicklung zum revolutionär-demokratischen Dissidenten nach der Revolution von 1848

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